Täuschung über Organisation und Struktur einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft (üBAG)/Gesamtheit der Pflichtenverstöße

08.07.2020

Für eine Zulassungsentziehung ist es unbeachtlich, dass dieselben Pflichtverletzungen bereits Gegenstand von Disziplinarmaßnahmen waren.

Einen zulassungsentziehenden rechtfertigenden Grund ist die grobe Pflichtverletzung, wenn keine durchgehend freiberufliche Tätigkeit aller Mitglieder einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft nach Organisation und Struktur vorliegt, wenn nach den Gesellschaftsverträgen nicht durchgehend eine Beteiligung aller am wirtschaftlichen Risiko, mithin eine Beteiligung am Gewinn und Verlust, gegeben ist. Mit Vorgaben des geschäftsführenden Zahnarztes zum zeitlichen und örtlichen Einsatz einzelner Mitglieder der jeweiligen üBAG und zur Erstellung von Heil- und Kostenplänen kann massiv in die freiberufliche Tätigkeit der anderen Zahnärzte eingegriffen werden mit dem Ergebnis, dass nicht von einer Tätigkeit in freier Praxis als unabdingbare Voraussetzung einer üBAG ausgegangen werden kann.

Für die Zulassungsentziehung ist es nicht entscheidend, ob tatsächlich eine Täuschung des Zulassungsausschusses durch den Vertrags(zahn)arzt vorgelegen hat.

Es liegt ein erheblicher Pflichtenverstoß vor, wenn Heil- und Kostenpläne nach Genehmigung der Krankenkasse geändert werden, ohne sie nochmals zur Genehmigung vorzulegen.

Darüber hinaus liegt ein Pflichtenverstoß auch vor, wenn die Mitglieder der üBAG aufgefordert werden, gegenüber Patienten die Versandkosten in unzulässiger Weise als Desinfektionspauschale in Rechnung zu stellen.

Entscheidend für den Zulassungsentzug ist nicht, dass je-de einzelne Pflichtverletzung als gröblich bewertet wird. Entscheidungserheblich ist, dass die Pflichtverletzungen in ihrer Gesamtheit so gravierend sind, dass dadurch das Vertrauen der KZV und auch der Krankenkasse nachhaltig gestört ist.

Der seit 1991 zugelassene Vertragszahnarzt (VZA) war von Juli 2008 - Juni 2015 nacheinander wechselnd Mitglied in neun überörtlichen BAGs. Die KZV beantragte im Februar 2016 die Entziehung der Zulassung. Der VZA habe insbesondere die Genehmigungen des Zulassungsausschusses zum Zusammenschluss zu einer üBAG durch arglistige Täuschungen erwirkt und vertragszahnärztliche Leistungen nicht peinlich genau abgerechnet. Ferner habe er seine Mitarbeiter angewiesen, Leistungen entgegen dem Wirtschaftlichkeitsgebot und zu Lasten der Patienten sowie der Krankenkassen zu erbringen, um wirtschaftliche Vorteile zu generieren. Der Zulassungsausschuss habe mit Beschlüssen vom 02.09.2015 festgestellt, dass die Genehmigungen der üBAG rechtswidrig gewesen seien. Nicht alle Gesellschafter hätten ihre vertragszahnärztliche Tätigkeit in freier Praxis ausgeübt (verdeckte Anstellungsverhältnisse). Der Zulassungsausschuss entzog die Zulassung, der Widerspruch blieb erfolglos. Das SG wies die Klage ab.

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