Bundesfinanzhof torpediert Gewinnvorabmodell

23.02.2016

Der Bundesfinanzhof hat in einem aktuellen Urteil das in Arztpraxen oft angewendete Gewinnvorabmodell, das bei der Aufnahme eines neuen Partners praktiziert wird, torpediert und für Überraschung gesorgt.

Unter einem Gewinnvorabmodell ist folgender Sachverhalt zu verstehen. Die Praxis der Ärzte A und B möchte Arzt C als Partner aufnehmen. Arzt A verkauft deshalb einen Teil seiner Anteile an Arzt C. Der Kaufpreis sollte 300 TEUR betragen. Davon werden im Kaufvertrag 200 TEUR als Sofortzahlung vereinbart. In den nächsten vier Jahren verringert sich der Gewinnanteil von Arzt C um jeweils 25 TEUR, somit in Summe um die Arzt A noch fehlenden 100 TEUR. Arzt A erhält deshalb in den folgenden vier Jahren einen jeweils um 25 TEUR höheren Gewinnanteil.

Laut Ansicht des Bundesfinanzhofs gehört zum Veräußerungsentgelt für die Übertragung eines Gesellschaftsanteils bei A auch eine der Höhe nach feststehende Kaufpreisforderung, die der Neugesellschafter C während des Bestehens der Gesellschaft durch Verzicht auf Teile des ihm nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zustehenden Gewinns zugunsten des Altgesellschafters A oder bei vorzeitiger Beendigung der Gesellschaft im Rahmen einer Ratenzahlungsverpflichtung zu erfüllen hat. Hierunter sind die im Bespiel oben genannten Vorabgewinnanteile in Höhe von 25 TEUR zu verstehen.

Dem Neugesellschafter C sind trotz des Verzichts Gewinne in Höhe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels zuzurechnen, da die Zuweisung höherer Gewinnanteile an den Altgesellschafter der unmittelbaren Zahlung der Entgelte außerhalb des Gesellschaftsvermögens gleichsteht.

Zum Veräußerungspreis zählt der Bundesfinanzhof alle Leistungen, die der Veräußerer vom Erwerber für die Übertragung erhält, sowie Leistungen, die der Veräußerer in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung vom Erwerber oder - ohne dass dies der Erwerber veranlasst hat - von einem Dritten erlangt. Bei Übertragungen zwischen Fremden spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass entgeltlich veräußert wird; dies gilt auch bei der Übertragung eines Mitunternehmeranteils gegen wiederkehrende Bezüge, deren Höhe ungewiss ist.

Veräußerungsentgelt ist auch eine ausschließlich oder teilweise gewinnabhängige Kaufpreisforderung, die auf einer Abtretung von künftigen Gewinnanteilen aus dem Gewinnbezugsrecht des Erwerbers eines Mitunternehmeranteils beruht und dem Grunde und der Höhe nach ungewiss ist. Bei gewinnabhängigen Kaufpreisforderungen in diesem Sinne handelt es sich um aufschiebend bedingte Kaufpreisansprüche, da im Zeitpunkt der Veräußerung weder feststeht, ob rechtlich in einem der Folgejahre eine Kaufpreisforderung entsteht, noch wie hoch diese sein wird, noch wie lange angesichts der an die Lebenserwartung des Veräußerers anknüpfenden Verpflichtung Kaufpreiszahlungen zu erbringen sind.

Von der Frage, ob eine Übertragung gegen ein Veräußerungsentgelt und damit entgeltlich erfolgt, ist die Frage abzugrenzen, ob der Veräußerungsgewinn aus einem Veräußerungsgeschäft sofort oder erst mit Zufluss der Kaufpreiszahlungen realisiert wird. Der Tatbestand der Veräußerung ist mit der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf den Erwerber verwirklicht. In diesem Zeitpunkt entsteht der Veräußerungsgewinn, und zwar unabhängig davon, ob der vereinbarte Kaufpreis sofort fällig, in Raten zahlbar oder langfristig gestundet ist und wann der Verkaufserlös dem Veräußerer tatsächlich zufließt. Die Besteuerung erfolgt also unabhängig von der tatsächlichen Kaufpreiszahlung zum Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums an der Praxis.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz stellt die Realisation des Veräußerungsentgelts bei gewinnabhängigen Kaufpreisforderungen dar, die vom Veräußerer erst im Zuflusszeitpunkt erzielt werden.

Zusammenfassend lässt sich für Sie festhalten: Sollten Sie im Rahmen der Aufnahme einer neuen Partnerin oder eines neuen Partners beabsichtigen ein Gewinnvorabmodell anzuwenden, sind hier erhöhte Vorsicht und noch qualifiziertere Steuergestaltungsmaßnahmen im Rahmen der Erstellung des Kaufvertrages von Nöten.

 

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