FAQ zum Thema Arbeitsrecht
07.05.2020
Die aktuelle Corona-Krise bestimmt unser Denken und Handeln in beinahe allen Lebensbereichen. Wie Sie unseren vergangenen Newslettern in diesem Zusammenhang entnehmen konnten, lag darin bislang der gefühlte Schwerpunkt in steuerrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Neuerungen. Hier spielte nur schlicht die „lauteste“ Musik. Jedoch haben in unserem Rechtssystem Änderungen in dem einen Bereich regelmäßig auch Auswirkungen in andere (Rechts)Bereiche zur Konsequenz – wie im hier wieder aufgegriffenen Arbeitsrecht.
1. Muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber über eine Covid-19 Erkrankung informieren?
Obwohl ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber prinzipiell nicht mitteilen muss, woran er erkrankt ist, verhält es sich derzeit etwas anders. Im Hinblick auf § 241 Abs. 2 BGB, §§ 15 Abs. 1, 16 Abs. 1 ArbSchG hat der Arbeitnehmer im Falle einer Corona-Erkrankung eine erhöhte Schutzpflicht sowie auch eine Rücksichtnahmepflicht gegenüber anderen Menschen. Nur wenn der Arbeitgeber von der Covid-19 Erkrankung des Arbeitnehmers weiß, kann er den Schutz der anderen Mitarbeiter gewährleisten.
Sobald ein Arbeitnehmer in den letzten 14 Tagen vor Erkrankung persönlichen Kontakt zu anderen Kollegen hat, muss die Erkrankung dem Arbeitgeber angezeigt werden.
Im Gegenzug hat auch der Arbeitgeber das Recht, zu erfahren, ob seine Arbeitnehmer sich in einem Risikogebiet aufgehalten haben oder Kontakt zu einer erkrankten Person hatten. Ebenso ist es dem Arbeitgeber erlaubt, ein ärztliches Attest oder eine betriebsärztliche Untersuchung zu verlangen, sofern ein begründeter Verdacht besteht.
2. Darf der Arbeitgeber in der aktuellen Situation Mehrarbeit anordnen?
Wenn beispielsweise nicht abwendbare Schäden drohen, kann der Arbeitgeber durchaus Mehrarbeit durch Überstunden anordnen. Auch hier greift wieder § 241 Abs. 2 BGB, der die Pflichten aus dem Schuldverhältnis festlegt. In diesem Fall bedeutet dies, dass der Arbeitnehmer sodann die Pflicht hat, die Überstunden zu erbringen. Die in §§ 14, 15 ArbZG festgelegten Höchstarbeitszeiten können auf Grund der Corona-Pandemie dann ausnahmsweise überschritten werden.
3. Darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer anweisen, Urlaub zu nehmen?
Im Zuge der Corona-Pandemie tritt in einigen Betrieben auch der umgekehrte Fall ein, nämlich dass für die Arbeitnehmer wesentlich weniger zu tun ist als sonst.
Ein Arbeitnehmer kann in diesem Fall grds. nicht gezwungen werden, Urlaub zu nehmen. Am besten finden Arbeitgeber und Arbeitnehmer hier eine für beide Seiten passende Vereinbarung, beispielsweise können bestehende Überstunden abgebaut werden.
4. Kann der Arbeitnehmer von der Arbeit aufgrund Angst vor einer Infektion fernbleiben?
Grundsätzlich NEIN! – Bei einem nicht erkrankten Arbeitnehmer besteht die Pflicht die vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Allerdings kann auf Wunsch des in Deutschland tätigen Arbeitnehmers der Arbeitgeber diesen ohne Bezahlung freistellen. Die Entscheidung trifft der Arbeitgeber.
Im Einzelfall kann der Arbeitgeber aber bei einer konkreten Gefährdung aufgrund seiner Fürsorgepflicht verpflichtet sein, den Arbeitnehmer von der Arbeit freizustellen oder Arbeit im Home-Office zu erlauben, wenn diese Möglichkeit besteht.
Ein Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz besteht nicht, wenn man sich freiwillig einer solchen Maßnahme unterwirft (z. B. selbst verordnete Quarantäne).
5. Dürfen Arbeitgeber nichterkrankte Mitarbeiter vorsorglich nach Hause schicken?
Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber Mitarbeiter anweisen, zu Hause zu bleiben.
Aber: Wenn ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter aus Vorsichtsgründen nicht im Betrieb haben will, dann muss er ihn bezahlt freistellen. Ein Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz besteht nicht, wenn sich der Arbeitnehmer freiwillig einer solchen Maßnahme unterwirft (z. B. selbst verordnete Quarantäne).
Auch Home-Office dürfen Arbeitgeber nicht einseitig anordnen, wenn es an einer entsprechenden Vereinbarung im Arbeitsvertrag fehlt.
6. Dürfen Arbeitgeber bei einem Verdacht auf eine Corona-Infektion eine ärztliche Untersuchung des Mitarbeiters verlangen?
Das Direktionsrecht hat seine Grenzen: Der Arbeitgeber darf nicht in das grundrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht oder in das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Arbeitnehmers eingreifen. Einer Anordnung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, muss der Arbeitnehmer nicht nachkommen.
7. Darf bzw. muss der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen im Betrieb anordnen?
Ja! – Anweisungen zu Schutzmaßnahmen (wie zum Beispiel das Tragen von Mundschutz, Handhygiene, etc.) darf der Arbeitgeber erteilen. Diese Maßnahmen beschränken sich aber stets auf den dienstlichen Bereich.
Im Übrigen ist es dringend zu empfehlen, bzw. für einige Arbeitgeber – insbesondere Arbeitgeber im Gesundheitswesen (Zahnarztpraxen, Arztpraxen etc.) – sogar verpflichtend, dass Hygienemaßnahmen im Betrieb ergriffen und alle Mitarbeiter angewiesen werden entsprechende Hygienemaßnahmen zu beachten. Der Arbeitgeber sollte hierfür eine Betriebsanweisung oder z. B. eine Rundmail formulieren und daran erinnern, dass man sich an die Empfehlung des Robert-Koch-Instituts halten muss.
Weiterführende Infos zu den Maßnahmen finden sich hier:
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Kontaktreduzierung.html
8. Was gilt, wenn Kitas und Schulen geschlossen werden und Kinder zu betreuen sind?
Ist bei der Schließung der Kita/Schule unter Berücksichtigung des Alters der Kinder eine Betreuung erforderlich, so müssen die Eltern zunächst alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, die Kinderbetreuung anderweitig sicherzustellen (z. B. Betreuung des Kindes durch anderes Elternteil). Kann die erforderliche Kinderbetreuung auch dann nicht sichergestellt werden, dürfte in der Regel ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers bestehen, da die Leistungserfüllung unzumutbar sein dürfte (§ 275 Abs. 3 BGB). D. h. in diesen Fällen wird der Arbeitnehmer von der Pflicht der Leistungserbringung frei; es ist nicht zwingend erforderlich, Urlaub zu nehmen.
Zu beachten ist jedoch, dass bei einem Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers aus persönlichen Verhinderungsgründen nur unter engen Voraussetzungen ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bestehen kann. Ein solcher Entgeltanspruch kann sich aus § 616 BGB für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit ergeben. Zudem kann der Anspruch aus § 616 BGB durch arbeits- oder tarifvertragliche Vereinbarungen eingeschränkt oder sogar vollständig ausgeschlossen sein.
Nimmt der Arbeitnehmer Urlaub, erhält er Urlaubsentgelt. Auch in dieser Situation dürfte es hilfreich sein, zunächst das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen.
Für Sorgeberechtigte, die wegen der Betreuung ihrer Kinder vorübergehend nicht arbeiten können, gibt es nun aber auch einen Entschädigungsanspruch. In das Infektionsschutzgesetz ist auf Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ein Entschädigungsanspruch für Verdienstausfälle bei behördlicher Schließung von Schulen und Kitas zur Eindämmung der gegenwärtigen Pandemie aufgenommen worden.
Die neue Vorschrift des § 56 Abs. 1a Infektionsschutzgesetz gewährt erwerbstätigen Sorgeberechtigten, die ihre Kinder infolge der behördlichen Schließung oder eines Betretungsverbots von Kinderbetreuungseinrichtungen, wie Kita oder Schule, selbst betreuen müssen und deshalb einen Verdienstausfall erleiden, einen Entschädigungsanspruch.
Die Auszahlung der Entschädigung übernimmt bei Arbeitnehmern der Arbeitgeber. Dieser kann seinerseits bei der von den Ländern bestimmten zuständigen Behörde einen Erstattungsantrag stellen.
9. Was ist, wenn ein Arbeitnehmer am Corona-Virus erkrankt ist?
Ein erkrankter Arbeitnehmer hat Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 3 EFZG (für max. 6 Wochen). Der Arbeitgeber erhält u.U. einen Teil über die Krankenkasse (Umlageverfahren) erstattet. Gleiches gilt für Auszubildende (gem. § 19 Abs. 1 Nr. 2 BBiG). Der Ablauf ist ein anderer, wenn gegen den am Corona-Virus erkrankten Arbeitnehmer zugleich nach § 31 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ein berufliches Tätigkeitsverbot oder Quarantäne angeordnet worden ist. Dann besteht ein Entschädigungsanspruch (siehe dazu Ziffer 12).
10. Muss der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen bzgl. der übrigen (nicht erkrankten) Mitarbeiter im Betrieb treffen?
Sobald ein Arbeitnehmer an dem Virus erkrankt ist, muss der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht gegenüber den übrigen Beschäftigten nachkommen. In diesem Fall stellt die Offenlegung der Viruserkrankung im Unternehmen eine rechtmäßige Verarbeitung von personenbezogenen Daten dar. Hintergrund ist, dass das dem berechtigten Interesse zum Schutz von Gesundheit und Leben der übrigen Arbeitnehmer dient.
Zum Schutz der übrigen Arbeitnehmer ist zudem zu überlegen, ob ein Weiterarbeiten noch möglich ist. Im schlimmsten Fall sind diese Unternehmen zu schließen bis die Gefahr vorüber ist. Arbeitnehmer sind bis dahin bezahlt freizustellen. Dadurch, dass die Arbeitnehmer arbeitsfähig und arbeitsbereit sind, besteht weiterhin eine Lohnfortzahlungspflicht. Denn es handelt sich hierbei um eine betriebliche Sphäre. Infolgedessen sind die Arbeitszeiten nicht nachzuarbeiten.
In dem Fall sind, aufgrund der hohen Belastung für den Arbeitgeber, Alternativen zu überlegen. Hier sind das Verständnis und das Wohlwollen der Arbeitnehmer Voraussetzungen. Arbeitgeber könnten z. B. erfragen, ob ihre Beschäftigten in der Zeit dazu bereit sind einzelne Urlaubstage oder Überstunden bzw. Zeitguthaben (Anordnung möglich) in der Zeit zu nehmen bzw. abzubauen.
Sofern im Betrieb/Arbeitsvertrag eine Regelung zum Home-Office besteht und die Tätigkeiten es zulassen, kann der Arbeitgeber im Rahmen der bestehenden Regelungen seine Beschäftigten auch ins Home-Office schicken, damit sie von dort arbeiten.
11. Was ist, wenn Angehörige des Arbeitnehmers am Corona-Virus erkrankt sind?
Hier ist im Einzelfall zu unterscheiden. Ist das Kind erkrankt und betreuungsbedürftig (und der Arbeitnehmer selbst nicht erkrankt), dann besteht bei gesetzlich versicherten Arbeitnehmern ein Entgeltfortzahlungsanspruch, sofern § 616 BGB im Arbeitsvertrag nicht abbedungen ist. In diesem Fall erhalten diese Arbeitnehmer aber Krankengeld.
Ist aufgrund der Erkrankung eines Angehörigen eine Maßnahme des Gesundheitsamtes gegen den Arbeitnehmer selbst angeordnet worden (Quarantäne bzw. Tätigkeitsverbot), besteht bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers. Es gelten die Ausführungen unter Ziffer 12.
12. Was ist, wenn einzelne Mitarbeiter vom Gesundheitsamt in Quarantäne geschickt werden bzw. diese ein Tätigkeitsverbot erhalten? Erhalten diese oder der Arbeitgeber eine Entschädigung?
Ist ein Arbeitnehmer Adressat einer behördlichen Maßnahme, wie z. B. Tätigkeitsverbot oder Quarantäne, kann er einen Entgeltanspruch gegen seinen Arbeitgeber haben. Aus Sicht des BGH kann in einem solchen Fall ein vorübergehender, in der Person des Arbeitnehmers liegender Verhinderungsgrund bestehen, der den Arbeitgeber trotz Wegfalls der Pflicht zur Arbeitsleistung zur Entgeltfortzahlung verpflichtet (§ 616 BGB). Die Dauer der Entgeltfortzahlung hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1978, III ZR 43/77 – nach dieser Entscheidung für höchstens 6 Wochen).
Nur in Fällen, in denen § 616 BGB durch Einzel- oder Tarifvertrag eingeschränkt oder ausgeschlossen ist oder aus anderen Gründen nicht greift, besteht, beim Vorliegen der Voraussetzungen, ein öffentlich-rechtlicher Entschädigungsanspruch. Personen, die als Ansteckungsverdächtige auf Anordnung des zuständigen Gesundheitsamts isoliert werden und deshalb einen Verdienstausfall erleiden, erhalten bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine Entschädigung nach § 56 des Infektionsschutzgesetzes.
Bei § 56 IfSG handelt es sich um keine Entgeltfortzahlungsvorschrift oder keinen Schadensersatzanspruch, sondern eine Billigkeitsentschädigung. In gewissen Fällen kann die Entschädigung auch ausgeschlossen sein. Hierzu bedarf es einer Einzelfallprüfung. Die Entschädigungsansprüche nach § 56 IfSG sollten bei behördlich angeordneter Quarantäne oder Tätigkeitsverboten aber in jedem Fall (vorsorglich) geltend gemacht werden.
Im Rahmen der Entschädigung nach § 56 IfSG tritt der Arbeitgeber in Vorleistung, ist also quasi „Auszahlstelle“ für den Staat (§ 56 Abs. 5 Satz 1 IfSG), so dass der Lohn erst einmal „normal“ abgerechnet wird.
Die ausgezahlten Beträge werden vom Arbeitgeber auf Antrag bei der zuständigen Behörde (in Bayern und den meisten anderen Bundesländern sind dies die Bezirksregierungen) erstattet (§ 56 Abs. 5 Satz 2 IfSG). Die Erstattung erfolgt aber nur auf Antrag des Arbeitgebers und bei Vorliegen der Voraussetzungen. Ist der Arbeitgeber entgegen der gesetzlichen Pflicht nicht in Vorleistung getreten, kann auch der Arbeitnehmer diesen Antrag stellen (§ 56 Abs. 5 Satz 3 IfSG).
Für die ersten sechs Wochen wird die Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls gewährt (§ 56 Abs. 2 IfSG). Ab der siebten Woche wird sie in Höhe des Krankengeldes gezahlt. Das Krankengeld beträgt 70 Prozent des Bruttoverdienstes, aber nicht mehr als 90 Prozent des Nettogehalts.
Die zuständige Behörde hat auf Antrag dem Arbeitgeber einen Vorschuss in der voraussichtlichen Höhe des Erstattungsanspruches zu gewähren. Der Antrag auf Entschädigung ist innerhalb einer Frist von 3 Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder am Ende der Quarantäne zu stellen! Verspätete Anträge können abgelehnt werden.
13. Was ist, wenn ein Betrieb durch das Gesundheitsamt komplett geschlossen wird?
Wird der Betrieb – z. B. auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG – geschlossen, weil in Bezug auf den gesamten Betrieb oder Gruppen von Arbeitnehmern ein Infektionsrisiko besteht (Stadtverwaltungen, Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Arztpraxen usw.), kommt es darauf an um welche Art von Betrieb es sich handelt. Grundsätzlich aber trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko und muss die Vergütung weiterzahlen. Ausgefallene Arbeitszeit muss nicht nachgearbeitet werden.
Überträgt man die Grundsätze der Betriebsrisikolehre auf die Corona-Fallgestaltungen, liegt z. B. bei Kindertagesstätten, Schulen, allgemein zugänglichen öffentlichen Verwaltungen, bei Veranstaltungsunternehmen, bei Kaufhäusern usw., bei denen notwendigerweise ein breiter Personenkontakt besteht, ohne weiteres die besondere Eigenart vor, dass Kontakt zu Menschen mit infektiösen Erkrankungen besteht. Ebenso ist es die Eigenart dieser Betriebe, dass eigene Mitarbeiter mit Menschen in Kontakt kommen, sich infizieren können oder der Verdacht einer Infektion besteht und daher Betriebsschließungen ausgesprochen werden können. Es spricht viel dafür, dass hier die Eigenart dieser Betriebe als das Betriebsrisiko des Arbeitgebers anzusehen ist, so dass der Arbeitgeber den Vergütungsanspruch der Arbeitnehmer weitertragen muss.
Diese Grundsätze dürften auch in Krankenhäusern, Arztpraxen usw. gelten. Ob hier dennoch ein Entschädigungsanspruch/Erstattungsanspruch gegenüber der Regierungsbehörde besteht ist dann im Einzelfall zu prüfen. Die Entschädigungsansprüche nach § 56 IfSG sollten vorsorglich geltend gemacht werden.
14. Bekommen Selbstständige, die wegen des Corona-Virus unter Quarantäne stehen oder ein Tätigkeitsverbot erhalten, Entschädigungszahlungen?
Auch Selbstständige bekommen eine Entschädigungszahlung, sofern und soweit ein Verdienstausfall gegeben ist. Dieser kann ausgeschlossen sein, wenn der Selbständige eine Verdienstausfallversicherung unterhält und diese den einschlägigen Fall abdeckt. Die Entschädigungszahlung beträgt ein Zwölftel des Arbeitseinkommens des letzten Jahres vor der Quarantäne.
Selbständige, deren Betrieb oder Praxis während der Dauer einer Maßnahme (Quarantäne oder Tätigkeitsverbot) ruht, erhalten neben der Entschädigung als Härtefallausgleich auf Antrag von der zuständigen Behörde Ersatz, der in dieser Zeit weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben in angemessenem Umfang.
Die zuständige Behörde hat auf Antrag dem Selbständigen einen Vorschuss in der voraussichtlichen Höhe der Entschädigung zu gewähren. Die Entschädigungsansprüche nach § 56 IfSG sollten bei behördlich angeordneter Quarantäne oder Tätigkeitsverboten aber in jedem Fall (vorsorglich) geltend gemacht werden.
Der Antrag auf Entschädigung ist innerhalb einer Frist von 3 Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder am Ende der Quarantäne zu stellen! Verspätete Anträge können abgelehnt werden.
15. Kann ein Unternehmen wegen des Corona-Virus Kurzarbeit anordnen und Kurzarbeitergeld bekommen?
Grundsätzlich sind Arbeitgeber nur unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, Kurzarbeit anzuordnen.
Sofern eine arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Regelung bzw. Berechtigung zur Anordnung von Kurzarbeit nicht vorgesehen ist, kann Kurzarbeit durch den Arbeitgeber nicht einseitig angeordnet werden, sondern nur im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer.
Kurzarbeitergeld gibt es nicht in Fällen, in denen ein Unternehmen Mitarbeiter als reine Vorsichtsmaßnahme freistellt, also aus freier Entscheidung, sondern nur bei Vorliegen von Umständen, die das Unternehmen selbst nicht beeinflussen kann.
Sofern sich Betriebe mit ihren Mitarbeitern einvernehmlich auf Kurzarbeit verständigen, bzw. diese aufgrund arbeitsvertraglicher oder tariflicher Regelungen angeordnete wurde, gilt es diesbezüglich Folgendes zu beachten, da Kurzarbeit grundsätzlich mit Lohneinbußen verbunden ist:
Lieferengpässe, die im Zusammenhang mit dem Corona-Virus entstehen, oder behördliche Betriebsschließungen mit der Folge, dass die Betriebe ihre Produktion einschränken oder einstellen müssen, können zu einem Anspruch auf Kurzarbeitergeld für die vom Arbeitsausfall betroffenen Beschäftigten führen.
Das Gesetz zu Erleichterungen der Kurzarbeit soll schnell und gezielt helfen, wenn Unternehmen mit ihren Beschäftigten durch das Coronavirus COVID-19 Arbeitsausfälle haben.
Unternehmen bekommen in dieser besonderen Situation Unterstützung, damit sie Entlassungen vermeiden und sie zusammen mit ihren Beschäftigten nach der Krise unmittelbar wieder durchstarten können. So sichern wir gemeinsam Arbeitsplätze.
Die erleichterten Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld:
Die folgenden erleichterten Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld treten rückwirkend zum 1. März 2020 in Kraft:
Kurzarbeitergeld ist für jeden Betrieb möglich, auch für Beschäftigte in Zeitarbeit.
Sind mindestens 10 Prozent der Beschäftigten von Arbeitsausfall betroffen, kann Ihr Betrieb bei der Agentur für Arbeit Kurzarbeit beantragen. Sonst muss mindestens ein Drittel der Beschäftigten betroffen sein.
Das Kurzarbeitergeld beträgt 60 Prozent des fehlenden Nettoentgelts – für Eltern 67 Prozent.
Beiträge für die Sozialversicherungen werden bei Kurzarbeit von der Bundesagentur für Arbeit vollständig erstattet. Beschäftigte müssen keine Minusstunden aufbauen, bevor Kurzarbeitergeld gezahlt werden kann.
So beantragen Sie Kurzarbeitergeld bei der Agentur für Arbeit:
Arbeitgeber sollten Arbeitsausfall ab sofort bei der Agentur für Arbeit anzeigen – auch wenn weniger als ein Drittel der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Entgeltausfall betroffen sind.
Auch Zeitarbeitsunternehmen können ab sofort einen Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit anzeigen.
Ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld vorliegen, prüft die zuständige Agentur für Arbeit im Einzelfall. Nähere Informationen zur Beantragung des Kurzarbeitergeldes sind auf der Homepage der Bundesagentur für Arbeit unter folgendem Link zu finden:
https://www.arbeitsagentur.de/news/corona-virus-informationen-fuer-unternehmen-zum-kurzarbeitergeld
16. Darf eine Arztpraxis eine AU (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) ausstellen, damit Mitarbeiter/Eltern ihr Kind betreuen können, wenn die Schule/Kita geschlossen ist?
NEIN! – Sofern keine Erkrankung des Kindes oder aber eines Elternteils vorliegt, darf keine Krankschreibung hierfür erfolgen. Hier gelten die Ausführungen zu Ziffer 5.