"Verzicht gegen Anstellung" - Urteil des Bundessozialgerichts liegt vor

22.11.2016

Mittlerweile liegt endlich der Volltext des viel diskutierten Urteils des Bundessozialgerichts vom 04.05.2016 (Az.: B 6 KA 21/15 R)vor, auf welches wir in bisherigen Rundschreiben auch schon hingewiesen hatten.

Das Bundessozialgericht hatte entschieden, dass eine Anstellungsgenehmigung nur erteilt werden darf, wenn der anzustellende Arzt gerade mit dem Ziel auf seine Zulassung verzichtet, in dem MVZ tätig zu werden und hatte als Indiz hierfür eine mindestens dreijährige Tätigkeit des Arztes angenommen.

Wie bereits vermutet, lässt das Bundessozialgericht Ausnahmen von diesem Prinzip zu, wenn sich die Absicht, drei Jahre tätig zu sein „auf Grund von Umständen, die zum Zeitpunkt des Verzichts auf die Zulassung noch nicht bekannt waren“, nicht mehr realisieren lässt. Ausdrücklich als solche Umstände erwähnt werden Krankheit oder „zwingende Änderung der Lebensplanung“.

Gegen den Willen im MVZ tätig zu werden, sprechen lt. Bundessozialgericht zum Zeitpunkt der Anstellungsgenehmigung vorliegende Pläne für eine alsbaldige Beendigung der Tätigkeit oder bereits aufgenommene Verhandlungen des MVZ mit einem Nachfolger.

So lobenswert es ist, dass das BSG sich mit möglichen Ausnahmen vom Grundsatz befasst, scheint eine Tätigkeitsdauer von drei Jahren als Beweis für eine Absicht tatsächlich tätig zu werden, nach wie vor viel zu lang. Die genannten Ausnahmen überdies dazu führen, dass Verhandlungen und Verträge im Zuge der Verzichtserklärung noch mehr zur „Geheimsache“ werden.

Es ist leider davon auszugehen, dass diese vom BSG aufgestellten Grundsätze nicht nur auf Medizinische Versorgungszentren, sondern auf sämtliche Arztpraxen angewandt werden, auch, wenn das Urteil ausdrücklich nur vom MVZ spricht, und überdies dem Urteil ein Fall zu Grunde lag, der die Gestaltungsmöglichkeiten in der Tat bis ins äußerste ausreizte.

Sie strikte Auslegung durch das BSG gilt aus Gründen des Vertrauensschutzes uneingeschränkt erst für Nachbesetzungen, die sich auf Arztstellen beziehen, denen Verzichtsanträge von Ärzten aus der Zeit nach Verkündigung dieses Urteils zu Grunde liegen.

Um es noch einmal klarzustellen, der Wegfall der Zulassung droht stets erst in dem Moment in dem eine Nachbesetzung des ursprünglich genehmigten Anstellungsverhältnisses beantragt wird und die Zulassungsgremien zu der Auffassung kommen, der ursprünglich angestellte Arzt hatte gar nicht die Absicht drei Jahre tätig zu werden.

Dies wird natürlich zu einer Interessenkollision zwischen anzustellendem Arzt und anstellenden Arzt / MVZ führen. Ersterer wird den Kaufpreis für seine Praxis regelmäßig im Moment der Anstellung erhalten wollen, denn ab da hat er keine eigene Praxis/ Zulassung mehr, letzterer hat die Zulassung aber erst nach drei Jahren sicher.

Dies muss bei der Kaufvertragsgestaltung ebenso überprüft werden wie insgesamt das Modell „Verzicht gegen Anstellung“, welches vor dem BSG-Urteil noch als sicherer Weg galt seine Zulassung zu übertragen.

Hier geht´s zum Urteil des Bundessozialgerichts

 

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