Neue Rechtsprechung zum Arbeitszimmer: Freiberufler und der „andere Arbeitsplatz“

29.07.2016

Laut Gesetz (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG) können Sie die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nicht steuerlich geltend machen. Ausnahme: Ihnen steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit „kein anderer Arbeitsplatz“ zur Verfügung. Dann können Sie immerhin bis zu 1.250 EUR als Betriebsausgaben oder Werbungskosten berücksichtigen. Bildet das heimische Büro gar den Mittelpunkt Ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, haben Sie Anspruch auf einen vollen Kostenabzug. Doch wann steht „kein anderer Arbeitsplatz“ zur Verfügung? Soweit es um Arbeitnehmer geht, liegen schon zahlreiche Urteile vor, in denen diese Frage geklärt wurde und auf die Sie sich in vergleichbaren Fällen berufen können.

Bei Freiberuflern und Unternehmern hingegen sind etliche Punkte noch im Unklaren, vor allem wenn Sie neben ihren Praxisräumen noch ein häusliches Arbeitszimmer nutzen. Hier könnte sich eine Änderung zur bisherigen Rechtspraxis ergeben. Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt hat zugunsten der Steuerpflichtigen in folgendem Fall entschieden:

Ein Logopäde ist an zwei Orten tätig. Zudem nutzt er ein häusliches Arbeitszimmer. Nach einer Betriebsprüfung streicht das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug mit der Begründung, dass sich in einer der beiden Praxen ein Schreibtisch mit PC und Drucker sowie Akten mit allgemeinen Bürounterlagen befindet. Ergo stehe ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, an dem der Logopäde seine schriftlichen Arbeiten erledigen könne. Das Finanzgericht sieht dies anders und lässt den Betriebsausgabenabzug mit folgender Begründung zu:

  • Weite Entfernung zwischen Wohnung und Praxis (im konkreten Fall 47 km)
  • Nur eingeschränkte Nutzbarkeit der Betriebsräume für Büro- und Verwaltungstätigkeiten aufgrund der beruflichen Gegebenheiten
  • Nutzung der Räume überwiegend durch angestellte Mitarbeiter
  • Vertraulichkeit des Schriftverkehrs und der notwendigen Akten (z.B. Lohnunterlagen) muss gewahrt werden
  • Unzumutbarkeit der Forderung des Finanzamtes, die Räume abends oder am Wochenende außerhalb der Öffnungszeiten für Bürotätigkeiten zu nutzen.

Rechtssicherheit besteht hier leider noch nicht gegen das Urteil wurde die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen. Es bleibt abzuwarten wie dieser entscheidet.

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