Bundesprogramm "Ausbildungsplätze sichern"

31.08.2020

Eckpunkte für ein Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“

Junge Menschen in der Ausbildung sind durch die COVID-19-bedingten Schließungen von Berufsschulen, Unterbrechungen von Ausbildungen, Kurzarbeit in Ausbildungsbetrieben sowie einer zu erwartenden geringeren Zahl von Neueinstellungen und einer ansteigenden Zahl von Entlassungen in besonderem Maße betroffen. Inzwischen sind zwar viele Beschränkungen wieder gelockert, aber bei zahlreichen Ausbildungsbetrieben und ausbildenden Einrichtungen ist der Geschäftsbetrieb aufgrund der Corona-Krise immer noch ganz oder teilweise eingeschränkt. Bestehende Restriktionen, die weltweite wirtschaftliche Unsicherheit und individuelle Zukunftsängste bedrohen die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe.

Wir müssen verhindern, dass die COVID-19-Krise zu einer Krise für die berufliche Zukunft junger Menschen und der Fachkräftesicherung wird. Denn die Auszubildenden von heute sind unsere Fachkräfte von morgen. Deshalb sollen möglichst alle jungen Menschen eine Ausbildung beginnen und auch erfolgreich abschließen können. Um jungen Menschen eine verlässliche Zukunftsperspektive zu geben und das zukünftige Vorhandensein qualifizierter Fachkräfte für den Wirtschaftsstandort Deutschland sicherzustellen, brauchen wir gezielte Maßnahmen, um Ausbildungsplätze auch in der Krise zu schützen und das Ausbildungsniveau der Ausbildungsbetriebe und ausbildenden Einrichtungen in Deutschland aufrecht zu erhalten.

Mit einem Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ wollen wir Ausbildungsbetriebe und ausbildende Einrichtungen in den Gesundheits- und Sozialberufen in der aktuell wirtschaftlich schwierigen Situation unterstützen und sie dazu motivieren, ihr Ausbildungsplatzangebot aufrecht zu erhalten und jungen Menschen die Fortführung und den erfolgreichen Abschluss ihrer Ausbildung zu ermöglichen. Im Einzelnen sollen Ausbildungskapazitäten erhalten (1 und 2), Kurzarbeit für Auszubildende vermieden (3), die Auftrags- und Verbundausbildung gefördert (4) und Anreize zur Übernahme im Falle einer Insolvenz geschaffen (5) werden.

Mit diesem Programm setzen wir die Ziffer 30 des Beschlusses des Koalitionsausschusses vom 3. Juni 2020 „CoronaFolgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken“ um.

Eckpunkte des Programms:

(1) Ausbildungsprämie bei Erhalt des Ausbildungsniveaus

Ziel der Förderung ist es, Ausbildungsbetriebe und ausbildende Einrichtungen im Sinne von Ziffer 6 Abs. 2 dazu zu motivieren, ihr Ausbildungsniveau im Vergleich zu den Vorjahren aufrecht zu erhalten, um mittelfristig den Fachkräftebedarf in Deutschland decken zu können.

Antragsberechtigt sind kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die durch die COVID-19-Krise in erheblichem Umfang betroffen sind. Davon ist auszugehen, wenn das Unternehmen in der ersten Hälfte des Jahres 2020 wenigstens einen Monat Kurzarbeit durchgeführt hat oder der Umsatz in den Monaten April und Mai 2020 um durchschnittlich mindestens 60 Prozent gegenüber April und Mai 2019 eingebrochen ist. Bei Unternehmen, die nach April 2019 gegründet worden sind, sind statt der Monate April und Mai 2019 die Monate November und Dezember 2019 zum Vergleich heranzuziehen.

Eine Förderung setzt voraus, dass das Unternehmen sein Ausbildungsniveau im Jahr 2020 im Vergleich zu den drei Vorjahren nicht verringert. Verglichen werden die Ausbildungsverträge, die für das Ausbildungsjahr 2020 abgeschlossen worden sind, mit dem Durchschnitt der über die letzten drei Jahre (2017–2019) abgeschlossenen Ausbildungsverträge.

Gefördert wird bei Vorliegen der Voraussetzungen durch einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 2.000 Euro für jeden für das Ausbildungsjahr 2020 abgeschlossenen Ausbildungsvertrag. Die Auszahlung erfolgt nach dem Ende der erfolgreich abgeschlossenen Probezeit.

(2) Ausbildungsprämie bei Erhöhung des Ausbildungsniveaus

Ziel der Förderung ist es, Ausbildungsbetriebe und ausbildende Einrichtungen im Sinne von Ziffer 6 Abs. 2 dazu zu motivieren, ihr Ausbildungsniveau im Vergleich zu den Vorjahren nicht nur aufrecht zu erhalten, sondern sogar zu erhöhen.

Antragsberechtigt sind KMU, die – wie in Maßnahme (1) beschrieben – durch die COVID-19-Krise in erheblichem Umfang betroffen sind.

Eine Förderung setzt voraus, dass das Unternehmen sein Ausbildungsniveau im Jahr 2020 im Vergleich zu den drei Vorjahren erhöht. Verglichen werden die Ausbildungsverträge, die für das Ausbildungsjahr 2020 abgeschlossen worden sind, mit dem Durchschnitt der über die letzten drei Jahre (2017–2019) abgeschlossenen Ausbildungsverträge.

Gefördert wird bei Vorliegen der Voraussetzungen – anstelle der Förderung über 2.000 Euro nach Maßnahme (1) – durch einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 3.000 Euro für jeden über das frühere Ausbildungsniveau zusätzlich für das Ausbildungsjahr 2020 abgeschlossenen Ausbildungsvertrag. Die Auszahlung erfolgt auch in diesem Falle nach dem Ende der erfolgreich abgeschlossenen Probezeit.

(3) Förderung bei Vermeidung von Kurzarbeit während der Ausbildung

Ziel der Förderung ist es, Kurzarbeit bei Auszubildenden zu vermeiden, um den erfolgreichen Abschluss der begonnenen Ausbildung sicherzustellen. Antragsberechtigt sind KMU, die ihre laufenden Ausbildungsaktivitäten trotz der Belastungen durch die COVID-19- Krise fortsetzen und Auszubildende sowie deren Ausbilder trotz erheblichem Arbeitsausfall nicht in Kurzarbeit bringen. Erforderlich ist ein Arbeitsausfall von mindestens 50 Prozent im gesamten Betrieb; anderenfalls wird davon ausgegangen, dass die Ausbildungsaktivitäten auch ohne Förderung wie üblich fortgesetzt werden können.

Die Förderung erfolgt in Höhe von 75 Prozent der Brutto-Ausbildungsvergütung für jeden Monat, in dem im Betrieb ein Arbeitsausfall von mindestens 50 Prozent zu verzeichnen ist.

Eine Förderung erfolgt frühestens ab Inkrafttreten der Förderrichtlinie. Sie ist befristet auf Zeiten bis zum 31. Dezember 2020.

(4) Förderung von Auftrags- und Verbundausbildung

Ziel der Förderung ist die Stimulierung der stärkeren Nutzung von Verbund- oder Auftragsausbildung im Ausbildungsjahr 2020/21 für Auszubildende in KMU, die ihre Ausbildung temporär nicht im eigenen Betrieb weiterführen können, weil der Betrieb vollständig oder zu wesentlichen Teilen pandemiebedingt von Schließungen oder erheblichen Auflagen, die eine Fortsetzung des Geschäftsbetriebs maßgeblich behindern, betroffen ist. Die Verbund- oder Auftragsausbildung kann in anderen KMU, in Überbetrieblichen Berufsbildungsstätten (ÜBS) oder durch andere etablierte Ausbildungsdienstleister durchgeführt werden, wobei die betriebliche Ausbildung Vorrang hat.

Eine Einstellung oder maßgebliche Behinderung des Geschäftsbetriebs vollständig oder zu wesentlichen Teilen in Folge der Corona-Pandemie wird angenommen, wenn der Umsatz in den Monaten April und Mai 2020 um durchschnittlich mindestens 60 Prozent gegenüber den entsprechenden Vorjahresmonaten zurückgegangen ist.

Antragsberechtigt sind

∙ KMU aus allen Wirtschaftsbereichen, die o. g. Auszubildende im Rahmen der Auftrags- oder Verbundausbildung für mindestens sechs Monate im eigenen Betrieb ausbilden und über die hierfür notwendige Ausbildungseignung verfügen, und

∙ ÜBS sowie andere etablierte Ausbildungsdienstleister, die o. g. Auszubildende im Rahmen der Auftrags- oder Verbundausbildung für mindestens sechs Monate ausbilden.

Gemäß der Vorgabe der Ziffer 30 des Beschlusses des Koalitionsausschusses vom 3. Juni 2020 sollen die Details der Durchführung einer solchen Verbund- oder Auftragsausbildung im Rahmen der Allianz für Aus- und Weiterbildung erörtert werden. Eine Förderung erfolgt frühestens ab Inkrafttreten der Förderrichtlinie. Sie ist befristet bis zum 30. Juni 2021.

(5) Übernahmeprämie

Ziel der Förderung ist die Sicherung der Weiterführung von Ausbildungsverhältnissen bei pandemiebedingter Insolvenz eines ausbildenden KMU.

Eine pandemiebedingte Insolvenz wird bei KMU angenommen, über die bis zum 31. Dezember 2020 das Insolvenzverfahrens eröffnet worden ist und die sich vor dem 31. Dezember 2019 gemäß EU-Definition nicht in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden haben.

Antragsberechtigt sind KMU aus allen Wirtschaftsbereichen, die Auszubildende aus pandemiebedingt insolventen KMU bis zum 31. Dezember 2020 für die Dauer der restlichen Ausbildung übernehmen.

Die Förderung erfolgt bei Vorliegen der Voraussetzungen durch eine einmalige Übernahmeprämie in Höhe von 3.000 Euro pro aufgenommenem Auszubildenden an das aufnehmende KMU.

Eine Förderung erfolgt frühestens ab Inkrafttreten der Förderrichtlinie. Sie ist befristet auf Zeiten bis zum 30. Juni 2021.

(6) Für alle Förderlinien gilt einheitlich

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind solche mit bis zu 249 Beschäftigten. Als Beschäftigtenzahl wird die Zahl der Mitarbeiter in Vollzeitäquivalenten zum Stichtag 29. Februar 2020 zugrunde gelegt. Bei verbundenen Unternehmen werden die Beschäftigten der einzelnen Unternehmen zusammen berücksichtigt.

Für die Förderung kommen KMU in Betracht, die eine Berufsausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen oder in den bundes- und landesrechtlich geregelten praxisintegrierten Ausbildungen im Gesundheits-und Sozialwesen durchführen. Praktika sind ausgeschlossen. Es wird nur eine Prämie pro Ausbildung gezahlt.

Neben den Förderungen der Ziffern (1) bis (5) ist die Inanspruchnahme anderer Programme des Bundes oder der Länder mit gleicher Zielrichtung oder gleichem Inhalt nicht möglich. Das Unternehmen entscheidet, welche Förderung es in Anspruch nehmen will.

Eine kumulative Förderung im Rahmen der Maßnahmen (4) und (5) ist ausgeschlossen.

Programmvolumen und Umsetzung

Die Kosten für die Umsetzung des Programms werden auf 500 Mio. Euro begrenzt, und die hierfür vorgesehenen Ausgabemittel werden in Höhe von 150 Mio. Euro im Jahr 2020 und 350 Mio. Euro im Jahr 2021 zur Verfügung gestellt.

Die Ausbildungsprämien für die von der COVID-19-Krise betroffenen Ausbildungsbetriebe, die ihre Ausbildungskapazität beibehalten oder ausweiten (Maßnahmen (1) und (2)), führen geschätzt zu Mehrausgaben von rund 280 Mio. Euro verteilt auf die Jahre 2020 und 2021. Die Förderung bei Vermeidung von Kurzarbeit während der Ausbildung (Maßnahme (3)) führt zu Mehrausgaben in Höhe von rund 50 Mio. Euro verteilt auf die Jahre 2020 und 2021. Die Förderung von Verbund- und Auftragsausbildung (Maßnahme (4)) führt zu Mehrausgaben in Höhe von rund 90 Mio. Euro, verteilt über die Jahre 2020 und 2021. Die einmalige Übernahmeprämie (Maßnahme (5)) führt zu Mehrausgaben in Höhe von rund 80 Mio. Euro, verteilt über die Jahre 2020 und 2021.

Es handelt sich um eine Schätzung, die mit großen Unsicherheiten behaftet ist, weil sie bei einem Teil der Maßnahmen vom weiteren Verlauf der COVID-19-Krise und ihren Auswirkungen auf die Wirtschaft abhängt.

Die Mittel in Höhe von 500 Mio. Euro werden im Kapitel/Titel 3002/683 20 (Funkt. 153) – „Sicherung von Ausbildungen“ (neu) – veranschlagt.

Die Umsetzung des Programms soll hinsichtlich der Maßnahmen (1) bis (3) und (5) durch Verwaltungsvereinbarung der Bundesagentur für Arbeit übertragen werden. Die Verwaltungskosten werden der Bundesagentur für Arbeit erstattet. Anträge auf Förderung sind hinsichtlich der Maßnahmen (1) bis (3) und (5) bei der für das jeweilige Unternehmen örtlich zuständigen Agentur für Arbeit zu stellen.

Hinsichtlich der Maßnahme (4) sollen entsprechend der Vorgabe der Ziffer 30 des Beschlusses des Koalitionsausschusses vom 3. Juni 2020 die Details der Durchführung im Rahmen der Allianz für Aus- und Weiterbildung noch erörtert werden.

https://www.arbeitsagentur.de/unternehmen/finanziell/bundesprogramm-ausbildungsplaetze-sichern

https://www.bmbf.de/foerderungen/bekanntmachung-3098.html

 

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